Weiterbildung

Wie viele Schulen in Nordrhein-Westfalen arbeiten nach dem auf der Internetseite des Ministeriums für Schule und Weiterbildung dargestellten Bandbreitenmodell?

Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 1265 mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Die Organisation der Lehrerarbeitszeit stellt seit vielen Jahren eine wichtige und auch sehr kontrovers diskutierte Frage schulischen Lebens dar. Im Jahr 1999 hatte die von der damaligen Landesregierung in Auftrag gegebene Arbeitszeituntersuchung der Unternehmensberatung Mummert & Partner große unterschiedliche Belastungen zwischen den Pädagogen festgestellt. In der Folge ist laut Informationen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung die Pflichtstunden-Bandbreite mit dem Schuljahr 2002/2003 eingeführt worden.

Auf der Internetseite des Ministeriums für Schule und Weiterbildung finden sich ­ wie auch in der vorherigen Legislaturperiode ­ umfangreiche Informationen zum Bandbreitenmodell. So sind zum Beispiel eine Broschüre mit einem Vorwort der damaligen Schulministerin Ute Schäfer, mehrere Internetseiten mit umfangreichen Erläuterungen, ein FAQ, rechtliche Einschätzungen oder auch die Vorstellung von Best-Practice-Beispielen einzelner Schulen leicht auffindbar. Insgesamt entsteht vergleichend der Eindruck, dass zu anderen möglichen Modellen nicht entsprechend umfangreiche Information durch das Ministerium zur Verfügung gestellt werden.

An unterschiedlichen Stellen der beschriebenen Darstellungen der Internetpräsenz des Ministeriums lässt sich jedoch nur schwer bewerten, ob die dargelegten Informationen noch dem jetzigen Entwicklungsstand entsprechen. So ist es offenbar nicht möglich, die nach dem auf der Internetseite dargestellten Modell aktuell arbeitenden Schulen in absoluten Zahlen und die diesbezügliche Entwicklung der letzten Jahre aufzufinden.

Als Beispiele, die nach dem Bandbreitenmodell arbeiten, werden mehrfach das städtische Couven-Gymnasium in Aachen, das Clemens-Brentano-Gymnasium in Dülmen, das Stiftische Gymnasium in Gütersloh, die Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Moers, das Gymnasium der Gemeinde Nottuln oder auch die Realschule der Stadt Wiehl benannt. Jedoch findet sich ebenfalls die Aussage, dass von der Regelung bisher nur vereinzelt Gebrauch gemacht wurde. Die Entwicklung sowie die Gesamtanzahl der Schulen werden offenkundig nicht umfänglich quantifiziert.

1. Wie viele Schulen haben unmittelbar im Jahre der Einführung des Bandbreitenmodells hiervon Gebrauch gemacht? (bitte einzeln aufschlüsseln)

2. Wie viele Schulen haben seit Einführung bis zum laufenden Schuljahr 2011/2012 pro Schuljahr das Bandbreitenmodell, wie es auf der Internetseite des Schulministeriums dargestellt wird, eingeführt? (bitte jeweils nach Schule, Schulform und Schuljahr der Einführung aufschlüsseln)

3. Welche Schulen, die das den Ausführungen des Ministeriums entsprechende Bandbreitenmodell einmal eingeführt hatten, haben dieses in der Folge wieder abgeschafft? (bitte nach Schuljahr der Einführung, Schuljahr der Abschaffung, nach Schule und Schulform aufschlüsseln)

Die Anwendung der Pflichtstunden-Bandbreite gemäß § 3 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz wurde und wird in Nordrhein-Westfalen nicht erhoben. Somit gibt es keinerlei Daten zu deren Verbreitung.

4. Wie bewertet die Landesregierung seit der Einführung des Bandbreitenmodells zu diesem Thema getroffene Gerichtsurteile? (bitte jeweils nach Inhalt, gerichtlicher Entscheidung und Bewertung des Ministeriums darlegen)

Die schul- und bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurden bereits im April 2009 umfassend über die aktuelle Rechtslage und deren praktische Konsequenzen informiert.

Am 08.11.2006 hat das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 5/06) entsprechend der Klage einer angestellten Lehrkraft festgestellt, dass das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet ist, über die Pflichtstundenzahl hinaus geleistete Unterrichtsstunden, soweit sie auf der Anwendung der Pflichtstunden-Bandbreite beruhen, zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen. Zur Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anwendung der Ermächtigung zum Erlass der Bandbreitenregelung zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes führe. Dieser verbiete sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Beschäftigten einer bestimmten Ordnung.

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung hat diese Entscheidung seinerzeit in Widerspruch zu der insoweit abweichenden, gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gesehen. Mit Beschluss vom 21.09.2005 (2 B 25.05) hatte dieses die Rechtspre

chung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen bestätigt, welches in seinem Beschluss vom 24. Februar 2005 (6 A 4527/02) ausführt: ... Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere in Hinsicht auf den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bestehen gegen diese Regelung nicht.... ... Auch sonst ist gegen die vom Verordnungsgeber neu geschaffene Bandbreitenregelung aufgrund höherrangigen Rechts nichts einzuwenden.... Allenfalls aufgeworfen ist nur noch die Frage, ob der Verordnungsgeber über die in § 3 VO zu § 5 getroffene Regelung hätte hinausgehen und die unterschiedlichen Pflichtstundendeputate der Lehrer selbst hätte festlegen müssen. Die dahingehenden Vorstellungen des Klägers sind wegen der Vielgestaltigkeit der regelungsbedürftigen Fälle jedoch abwegig.....

Zur Wiederherstellung der Rechtssicherheit hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung versucht, im Rahmen eines Musterprozesses eine Vorlage zum Gemeinsamen Senat der Bundesgerichtshöfe zu erwirken.

Nachdem allerdings das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 5.09.2008 den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts gefolgt ist und die Revision ausdrücklich nicht zugelassen hat, wurde auf die Einlegung weiterer Rechtsmittel verzichtet. Mit Rechtskraft dieser Entscheidung steht daher fest, dass die Anwendung der Pflichtstunden-Bandbreite für tarifbeschäftigte Lehrerinnen und Lehrer rechtlich nicht zulässig ist.

Mit Erlass vom 18.04.2009 wurden die Bezirksregierungen informiert und gebeten, über die aktuelle Rechtslage aufzuklären. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass ggf. vorliegenden Anträgen auf finanziellen Ausgleich oder Freizeitausgleich der aufgrund der Anwendung des Bandbreitenmodells über das Pflichtstundendeputat hinaus geleisteten Unterrichtsstunden im Rahmen der (sonstigen) tarifvertraglichen Regelungen konsequenterweise zu entsprechen sei. Der finanzielle Ausgleich für Tarifbeschäftigte erfolgt für jede geleistete Stunde in Höhe der für die Vergütung von Mehrarbeit geltenden Regelungen.

5. Wie viele Schulen arbeiten im laufenden Schuljahr exakt nach dem Bandbreitenmodell, wie es auf der Seite des Ministeriums für Schule und Weiterbildung dargestellt wird? (bitte nach den einzelnen Schulen aufschlüsseln)

Siehe die Antwort zu den Fragen 1 bis 3.