Schule
Den Betroffenen habe ich informiert.
Fazit:
Ich kann nach wie vor nicht beurteilen, ob es sich bei den mir bekannt gewordenen Fällen um die "Spitze eines Eisberges" oder um seltene Ausnahmefälle handelt. Die beiden ersten Fälle zeigen aber, dass einzelnen Staatsanwaltschaften offenbar der Umfang des Auskunftsrechts nicht bekannt ist. Hier sehe ich Nachbesserungsbedarf. Auch die hohe Arbeitsbelastung darf nicht dazu führen, dass verbriefte Rechte auf der Strecke bleiben.
Ausländerrecht
Digitales Einbürgerungssystem
Unter Federführung des Hessischen Ministeriums des Innern wird das Einbürgerungsverfahren automatisiert. Ich wurde an dem Projekt frühzeitig beteiligt.
Die bisherigen Pläne für das Digitale Einbürgerungssystem (DiE Hessen) sehen vor, dass die Daten zu den entsprechenden Einbürgerungsverfahren aller in Hessen lebenden Antragsteller in einer Zentraldatei gespeichert werden. Zugriff auf diese Datei sollen die am Einbürgerungsverfahren beteiligten Stellen in differenzierter Weise erhalten.
Der Antrag auf Einbürgerung wird nach wie vor bei den unteren Verwaltungsbehörden (also den Gemeinden bzw. Landkreisen) gestellt. Die unteren Verwaltungsbehörden erfassen die Stammdaten des Antrags und legen diese in der zentralen Einbürgerungsdatei ab. Zugriff auf diese Stammdaten haben dann die jeweils zuständigen Regierungspräsidien. Bisher haben diese die erforderlichen Auskünfte z. B. bei den Polizeibehörden, dem Landesamt für Verfassungsschutz oder dem Bundeszentralregister im schriftlichen Verfahren eingeholt. Das Verfahren DiE soll solche Auskunftsanträge als elektronische Formulare bereits automatisiert mit den Stammdaten füllen und den beteiligten Stellen automatisiert zur Bearbeitung zur Verfügung stellen.
Soweit die auf diese Weise um Auskunft ersuchte Stelle keine Erkenntnisse über die betroffene Person hat, ergänzt sie das vorbereitete Formular entsprechend und schickt es automatisiert an das Regierungspräsidium zurück. Liegen der Behörde Informationen zu dem Betroffenen vor, so übermittelt die Polizei diese konventionell an das Regierungspräsidium, im Fall des Landesamtes für Verfassungsschutz gehen die Informationen an das Hessische Ministerium des Innern. Die Erkenntnisse zu der betroffenen Person werden dann vom Regierungspräsidium bzw. vom Hessischen Ministerium des Innern in DiE gespeichert. Das Ministerium verfolgt mit diesem Projekt das Ziel, die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Die Rechtsgrundlage für das digitale Einbürgerungssystem soll in Artikel 4 des Gesetzes zur Kommunalisierung der Landrätin oder des Landrats sowie der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung geschaffen werden.
Auf meine Anregung wurden im Gesetzentwurf durch einen Verweis auf § 15 Abs. 1 und 2 HDSG die erforderliche Beteiligung des Hessischen Datenschutzbeauftragten sowie Einzelheiten des Verfahrensverzeichnisses und der Vorabkontrolle festgeschrieben. Ein weiteres Problem war die vorgesehene Verarbeitung sensitiver Daten.
§ 7 Abs. 4 HDSG
Soweit nicht eine Rechtsvorschrift die Verarbeitung personenbezogener Daten über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit oder das Sexualleben vorsieht oder zwingend voraussetzt, darf eine Verarbeitung nur nach §§ 33 bis 35 und 39 erfolgen....
Im Einbürgerungsverfahren können beispielsweise Informationen des Verfassungsschutzes über die politische Auffassung oder die philosophische Überzeugung eine Rolle spielen.
Da die jeweiligen Vorschriften für das Einbürgerungsverfahren früher in § 86 Nr. 2 Ausländergesetz, seit dem In-KraftTreten des Zuwanderungsgesetzes (BGBl. I, S. 1950) zum 1. Januar 2005 in § 11 Nr. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz eine Rechtsgrundlage im Sinne von § 7 Abs. 4 HDSG darstellen, ist die Verarbeitung zulässig.
Derzeit laufen in verschiedenen Kommunen und im Regierungspräsidium Darmstadt Pilotprojekte, die ich kritisch begleite.
Auskunftspflicht nur bei tatsächlichen Ausländervereinen
Zur Feststellung ob ein Verein ein so genannter Ausländerverein ist, dürfen nur die hierfür erforderlichen Informationen erhoben werden.
Der Vorsitzende des eingetragenen Vereins Christlich-Islamische Gesellschaft bat mich, dazu Stellung zu nehmen, ob er verpflichtet sei, der Ordnungsbehörde des Kreises bestimmte Informationen (Mitgliederliste bestehend aus Namen, Anschriften und Geburtsdaten der Mitglieder; Übersicht über den aktuellen Vorstand; gültige Satzung) über den Verein mitzuteilen. Die Behörde begründete ihr Informationsbegehren damit, dass sie prüfen müsse, ob es sich bei dem oben genannten Verein um einen Ausländerverein handele. Der Vorsitzende hatte der Behörde im Vorfeld schon mitgeteilt, dass von den 32 Mitgliedern nur fünf Mitglieder nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Ausländervereine sind nach § 14 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG) solche Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind. Darunter können auch Religionsgemeinschaften und andere Weltanschauungsvereinigungen fallen, da das VereinsG durch Gesetz vom 8. Dezember 2001 insoweit geändert wurde (BGBl. I, S. 3319). Im Unterschied zu Vereinen von Deutschen kann gegen Ausländervereine beispielsweise unter einfacheren Voraussetzungen ein Vereinsverbot nach § 14 Abs. 2 VereinsG ausgesprochen werden.
Die Differenzierung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Grundgesetz in Artikel 9 Abs. 1 und 2 die Vereinsfreiheit speziell für Deutsche besonders garantiert.
Ausländervereine unterliegen darüber hinaus einer besonderen Auskunftspflicht nach § 20 der Durchführungsverordnung zum VereinsG. § 20 Abs. 1 Durchführungsverordnung zum VereinsG Ausländervereine... haben auf Verlangen Auskunft zu geben
1. über ihre Tätigkeit
2. wenn sie sich politisch betätigen,
a) über Namen und Anschrift ihrer Mitglieder,
b) über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel.
Die Auskunftsverpflichtung besteht allerdings nur dann, wenn feststeht, dass es sich um einen Ausländerverein handelt.
Im vorliegenden Fall hat die Behörde wohl aufgrund des Namens des Vereins Anhaltspunkte für einen Ausländerverein gesehen.
Die Behörde kann in diesem Fall zwar bei dem Vorsitzenden anfragen, ob die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 VereinsG erfüllt sind, also die Mitglieder oder Leiter vorwiegend Ausländer sind. Insoweit hatte der Vereinsvorsitzende die erforderlichen Auskünfte bereits gegeben, aus denen zu schließen war, dass es sich nicht um einen Ausländerverein handelt. Es ist der Behörde aber verwehrt, solche Auskünfte zu verlangen, die sie nach § 14 Abs. 1 VereinsG nur bei Ausländervereinen erheben darf.
Ich habe diese Rechtsauffassung der Behörde mitgeteilt und um Auskunft gebeten, wie sie in ähnlich gelagerten Fällen verfährt.
Landesplanung und Planfeststellung
Behandlung von Einwendungen im Planfeststellungsverfahren Anlässlich des anstehenden Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Frankfurter Flughafens tauchte erneut die Frage nach dem Umgang mit den personenbezogenen Daten der Einwender auf. Ich habe das Regierungspräsidium Darmstadt darauf hingewiesen, dass Einwendungen von Bürgern, die lediglich allgemeine Argumente gegen den Flughafenausbau vortragen, generell anonymisiert an die Flughafenbetreiberin weiterzugeben sind.
Bereits im 32. Tätigkeitsbericht, Ziff. 9.1 hatte ich mich zur Frage der Weitergabe personenbezogener Einwenderdaten an die Flughafenbetreiberin Fraport geäußert. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Bau einer neuen Landebahn war dieses Thema erneut Gegenstand von Erörterungen zwischen dem Wirtschaftsministerium als Planfeststellungsbehörde, dem Regierungspräsidium Darmstadt als Anhörungsbehörde und meiner Dienststelle.
Grundsätzlich gibt es drei Kategorien von Einwenderdaten, die jeweils unterschiedlich zu behandeln sind:
Behandlung der Daten von Einwendern, die persönliche Nachteile befürchten
Wie ich bereits in meinem 32. Tätigkeitsbericht ausführlich dargelegt habe, sind potenzielle Einwender im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass sie eine anonymisierte Weitergabe ihrer Einwendungen an die Fraport AG verlangen können, wenn Gründe vorgetragen werden, die gegen eine personenbezogene Weitergabe sprechen (z. B. Beschäftigte bei Fraport/Lufthansa etc.). Diese Information sollte, wie im Verfahren zum Bau der A 380-Wartungshalle, Eingang in den Text über die ortsübliche Bekanntmachung der Planauslegung finden. Der Hinweis ist deshalb erforderlich, da betroffene Einwender ein ihnen zustehendes Recht nur geltend machen können, wenn sie über dieses Recht auch informiert sind.
Behandlung von so genannten „Jedermann-Einwendungen" Einwendungen, in denen nur pauschal Argumente gegen den Flughafenausbau vorgetragen werden (z. B. Zerstörung der Umwelt, stetige Erhöhung der Lärmbelastung der Region etc.), die aber keinen konkreten Bezug zur Person des Einwenders haben, sind generell anonymisiert an die Fraport AG weiterzugeben. Die Fraport AG muss sich nämlich mit diesen Argumenten nicht an Hand einzelner Personen auseinander setzen, so dass eine personenbezogene Weitergabe nicht erforderlich und damit unzulässig ist.
Behandlung von Einwendungen, die sich auf individuelle Betroffenheiten beziehen
Diese Einwendungen werden prinzipiell personenbezogen an die Fraport AG weitergegeben, da der Betreiberin Gelegenheit gegeben werden muss, sich mit dem Einzelargument auseinander zu setzen und ggf. Abhilfe zu schaffen. Eine anonymisierte Weitergabe findet nur aus den Gründen statt, die unter Ziff. 5.4.1.1 angeführt wurden.
Schulverwaltung, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen
Pilotprojekt EDUNITE
Das Pilotprojekt EDUNITE des Hessischen Kultusministeriums habe ich datenschutzrechtlich begleitet.
Allgemeines EDUNITE ist ein E-Government-Projekt, das von dem HKM initiiert und gefördert wird. Hierbei handelt es sich um eine neue Generation von Schulkommunikations- und Schulverwaltungssoftware. Auf der einen Seite soll es den Pädagogen ihre administrativen Aufgaben erleichtern und auf der anderen Seite die Kommunikation zwischen Lehrern, Schülern und Eltern fördern. Die Datenverarbeitung erfolgt zentral auf einem Hostrechner. Auf dieser über das Internet erreichbaren Plattform können alle am Schulleben Beteiligten, also Schüler, Eltern und Lehrkräfte, Informationen speichern, die dem schulischen Interesse der verschiedenen Beteiligten dienen und dauerhaft zur Verfügung stehen. Damit soll allen Beteiligten schulisch umfassend angelegtes Wissen zur Verfügung gestellt werden, die Klassenverwaltung der Lehrkräfte optimiert und die schnelle Kommunikation per E-Mail unterstützt werden.
In weiteren Ausbaustufen soll es später möglich sein, übergeordnete Verwaltungseinheiten (Schulamt, Ministerium) einzubinden.
Schon frühzeitig wurde ich in das Projekt einbezogen, um datenschutzrechtliche Belange sowohl in rechtlicher wie auch in technischer Sicht von Anfang an zu berücksichtigen.
Insgesamt unterstützt das Programm zurzeit die automatisierte Erfassung von
nicht personenbezogenen Daten
unterrichtsbezogenen Sachdaten
personenbezogenen Daten von Schülern, Lehrern und Eltern aus dem Schulverwaltungsbereich.
Weiterhin ist eine direkte elektronische Kommunikation zwischen Lehrkräften untereinander und zwischen Schule und Eltern möglich.
Für die datenschutzrechtliche Wertung wurden zwei Fragenkomplexe untersucht:
a) dürfen personenbezogene Daten überhaupt von den jeweiligen Daten verarbeitenden Personen oder Stellen verarbeitet werden? (s. Ziff. 5.5.1.2 Rechtliche Wertung)