Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren
Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang die Beamtin oder der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
(2) Beamtinnen und Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Ruhestandsbeamtinnen und -beamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie, wären sie noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis hätten entfernt werden müssen.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können nicht nebeneinander verhängt werden. § 13 Abs. 4 Satz 3 bleibt unberührt.
§ 17:
Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren:
(1) Ist gegen eine Beamtin oder einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, darf wegen desselben Sachverhalts
1. ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden,
2. eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Zurückstufung nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die Beamtin oder den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.
(2) Ist die Beamtin oder der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig freigesprochen worden, darf wegen des Sachverhalts, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen ist, eine Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden, wenn dieser Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift zu erfüllen.
§ 18:
Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs:
(1) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als zwei Jahre vergangen, darf ein Verweis nicht mehr erteilt werden.
(2) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen, darf eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht mehr ausgesprochen werden.
(3) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als sieben Jahre vergangen, darf auf Zurückstufung nicht mehr erkannt werden.
(4) Die Fristen der Abs. 1 bis 3 beginnen neu zu laufen, wenn ein Disziplinarverfahren eingeleitet, ausgedehnt oder Disziplinarklage oder Nachtragsdisziplinarklage erhoben wird oder wenn Ermittlungen nach § 42 Abs. 4 oder § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 4 des Hessischen Beamtengesetzes angeordnet oder ausgedehnt werden.
(5) Die Fristen der Abs. 1 bis 3 sind für die Dauer des Widerspruchsverfahrens oder des gerichtlichen Disziplinarverfahrens und für die Dauer einer Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 25 gehemmt. Ist vor Ablauf der Frist wegen desselben Sachverhalts ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet oder eine Klage aus dem Beamtenverhältnis erhoben worden, ist die Frist für die Dauer dieses Verfahrens gehemmt.
§ 19:
Verwertungsverbot, Entfernung aus der Personalakte:
(1) Ein Verweis darf nach zwei Jahren, eine Geldbuße und eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts dürfen nach drei Jahren und eine Zurückstufung darf nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und bei sonstigen Personalmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden (Verwertungsverbot). Die Beamtin oder der Beamte gilt nach dem Eintritt des Verwertungsverbots als von der Disziplinarmaßnahme nicht betroffen.
(2) Die Frist für das Verwertungsverbot beginnt, sobald die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme unanfechtbar ist. Sie endet nicht, solange ein gegen die Beamtin oder den Beamten eingeleitetes Straf- oder Disziplinarverfahren nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, eine andere Disziplinarmaß nahme berücksichtigt werden darf, eine Entscheidung über die Kürzung der Dienstbezüge oder die Kürzung des Ruhegehalts noch nicht vollstreckt ist oder ein gerichtliches Verfahren über die Beendigung des Beamtenverhältnisses oder über die Geltendmachung von Schadensersatz gegen die Beamtin oder den Beamten anhängig ist.
(3) Eintragungen in der Personalakte über die Disziplinarmaßnahme sind nach Eintritt des Verwertungsverbots von Amts wegen zu entfernen und zu vernichten. Dies gilt nicht für Rubrum und Tenor des die Zurückstufung aussprechenden Urteils. Hinweise auf entfernte und vernichtete Disziplinarmaßnahmen in Personalbögen, Formblättern für Ernennungsvorschläge und an anderen Stellen der Personalakten erhalten einen Tilgungsvermerk. Auf Antrag der Beamtin oder des Beamten unterbleibt die Entfernung oder es erfolgt eine gesonderte Aufbewahrung. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung zu stellen, dass die Entfernung beabsichtigt ist; die Mitteilung muss einen Hinweis auf das Antragsrecht und die Antragsfrist enthalten. Wird der Antrag gestellt oder verbleiben Rubrum und Tenor einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung in der Personalakte, ist das Verwertungsverbot bei den Eintragungen zu vermerken.
(4) Die Abs. 1 bis 3 gelten entsprechend für Disziplinarvorgänge, die nicht zu einer Disziplinarmaßnahme geführt haben. Die Frist für das Verwertungsverbot beträgt, wenn das Disziplinarverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 eingestellt wird, drei Monate und im Übrigen zwei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung, die das Disziplinarverfahren abschließt, im Übrigen mit dem Tag, an dem die oder der für die Einleitung des Disziplinarverfahrens zuständige Dienstvorgesetzte zureichende tatsächliche Anhaltspunkte erhält, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
(5) Auf die Entfernung und Vernichtung von Disziplinarvorgängen, die zu einer missbilligenden Äußerung geführt haben, findet § 107e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 des Hessischen Beamtengesetzes Anwendung.
Dritter Teil Behördliches Disziplinarverfahren Erster Abschnitt Einleitung, Ausdehnung und Beschränkung
§ 20:
Einleitung von Amts wegen:
(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die oder der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die oder der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.
(2) Ein Disziplinarverfahren wird nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass nach § 17 oder nach § 18 eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden darf. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und der Beamtin oder dem Beamten bekannt zu geben.
(3) Von der Einleitung kann abgesehen werden, sofern der der Beamtin oder dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt feststeht, die Durchführung eines Disziplinarverfahrens von der oder dem Dienstvorgesetzten wegen der geringen Bedeutung des Vorwurfs nicht für erforderlich gehalten wird und die künftige Beachtung der Dienstpflichten durch andere geeignete Maßnahmen sichergestellt ist. Eine Einstellung nach Satz 1 kommt nicht in Betracht, sofern der Verdacht besteht, dass ein Verstoß gegen § 84 des Hessischen Beamtengesetzes vorliegt.
(4) Soll gegen Beamtinnen oder Beamte, die mehrere Ämter innehaben, die nicht im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, teilt die oder der einleitende Dienstvorgesetzte dies den Dienstvorgesetzten mit, die für die anderen Ämter zuständig sind. Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen die Beamtin oder den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden. Hat eine Beamtin oder ein Beamter mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, kann nur die oder der für das Hauptamt zuständige Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren einleiten.
(5) Die Zuständigkeiten nach Abs. 1 bis 4 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt.
§ 21
Einleitung auf Antrag:
(1) Beamtinnen oder Beamte können bei der oder dem Dienstvorgesetzten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten. Der Antrag kann auch bei der oder dem höheren Dienstvorgesetzten gestellt werden, sofern diese oder dieser nicht gleichzeitig die oberste Dienstbehörde ist.
(2) Der Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Entscheidung ist der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen.
(3) § 20 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.
§ 22
Ausdehnung und Beschränkung:
(1) Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Abschlussentscheidung nach den §§ 36 bis 38 auf neue Handlungen ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Ausdehnung ist aktenkundig zu machen.
(2) Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Abschlussentscheidung nach den §§ 36 bis 38 oder eines Widerspruchsbescheids nach § 47 beschränkt werden, indem solche Handlungen ausgeschieden werden, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen. Die ausgeschiedenen Handlungen können nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen nachträglich. Werden die ausgeschiedenen Handlungen nicht wieder einbezogen, können sie nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens sein.
Zweiter Abschnitt Durchführung
§ 23:
Unterrichtung, Belehrung und Anhörung:
(1) Beamtinnen oder Beamte sind von der Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhaltes möglich ist. Hierbei ist ihnen zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihnen zur Last gelegt wird. Es ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.
(2) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird den Beamtinnen oder Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von einer Woche gesetzt. Haben die Beamtinnen oder Beamten rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb eines Monats nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Sind die Beamtinnen oder Beamten aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur Anhörung Folge zu leisten, und haben sie dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder ein zeitnaher neuer Termin zur Anhörung zu bestimmen.
(3) Ist die nach Abs. 1 Satz 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage der Beamtin oder des Beamten nicht zu ihrem oder seinem Nachteil verwertet werden.
§ 24
Pflicht zur Durchführung von Ermittlungen, Ausnahmen:
(1) Zur Aufklärung des Sachverhalts sind die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei sind die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln.
Die oder der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde können die Ermittlungen an sich ziehen.
(2) Von Ermittlungen ist abzusehen, soweit der Sachverhalt aufgrund der tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, feststeht.