SGB XI für das Land Hessen wurde bis heute nicht
Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage 1. Wann wurde der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI für die ambulante Pflege in Hessen abgeschlossen?
Der Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung nach § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Hessen wurde bis heute nicht abgeschlossen.
Zwar haben die Verbände der Pflegekassen, die kommunalen Spitzenverbände und die Verbände privat-gewerblicher Pflegeeinrichtungen ihn bereits am 10. März 1995 unterschrieben. Durch die fehlende Ratifizierung durch die Liga der Freien Wohlfahrtspflege ist dieser bis heute nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege lehnt den Abschluss des Rahmenvertrages wegen folgender Dissenspunkte ab:
a) Kostenzuordnung der Sondennahrung mittels Nährsonde,
b) alle im Vertrag genannten Zeitpunkte oder Zeiträume,
c) Folgen des Verzugs bei der Abrechnung von Leistungen,
d) Nachweis der fachlichen Eignung der Pflegekräfte auf Verlangen eines Landesverbandes der Pflegekassen,
e) Beachtung der für den Pflegedienst geltenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen,
f) Umfang der Praxis- und Betriebseinrichtung,
g) Zugang des MDK und/oder sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer,
h) Umfang einer anlassbezogenen Qualitätsprüfung,
i) Offenlegung der Pflegedokumentation.
Darüber hinaus fordert sie neue Vergütungsregelungen auf Landesebene vor einer inhaltlichen Festlegung von Leistungsinhalten im Rahmenvertrag.
Frage 2. Wie hoch ist der durchschnittliche Stundensatz, den die Pflegekassen in Hessen den ambulanten Diensten erstatten?
Der durchschnittliche Stundensatz, den die Pflegekassen in Hessen den ambulanten Diensten in der häuslichen Pflege nach § 89 SGB XI vergüten, beträgt, ausgehend von den durchschnittlichen Punktwerten für so genannte Leistungsmodule, im Schnitt für die Grundpflege 25,41 und für die Hauswirtschaft 14,90.
In der Arbeitsgruppe "Ambulante Pflege", deren Teilnahme die Liga der Freien Wohlfahrtspflege verweigert, wurden die Leistungsmodule zum 2. Dezember 2002 überarbeitet und mit einer neuen Bewertung der Punktzahlen versehen. Anfang dieses Jahres wurde allen ambulanten Pflegediensten in Hessen auf diese Weise ein Punktwert für die Stunde Grundpflege von 27,12 und für die Hauswirtschaft von 15,82 angeboten. Gleichzeitig wurde die Hausbesuchspauschale angepasst. Knapp die Hälfte aller ambulanten Dienste in Hessen, überwiegend in privat-gewerblicher Trägerschaft, hat dieses Angebot mittlerweile angenommen.
Frage 3. Nach welchen Kriterien oder Grundsätzen setzt sich der Stundensatz zusammen?
Die Pflegevergütung muss nach § 89 SGB XI leistungsgerecht sein. Sie muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die Pflegevergütung ist im Voraus, vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode des Pflegedienstes, für einen zukünftigen Zeitraum zu treffen. Kommt ein Träger eines Pflegedienstes während der laufenden Wirtschaftsperiode zu der Überzeugung, dass die mit den Kostenträgern vereinbarte Pflegevergütung aufgrund von wesentlichen Veränderungen nicht mehr leistungsgerecht ist, kann er jederzeit die Kostenträger zu Vergütungsverhandlungen auffordern. Kommt eine neue Vergütungsvereinbarung innerhalb von sechs Wochen nach der schriftlichen Aufforderung zu Vergütungsverhandlungen nicht zustande, kann der Träger die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI anrufen, die die Pflegevergütung ersatzweise, auch gegen das Votum der Kostenträger, festsetzen kann. Gegen die Entscheidung der Schiedsstelle ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.
Nach Informationen der Verbände der Pflegekassen haben von den zurzeit rund 860 zugelassenen ambulanten Pflegediensten in Hessen rund 5 ambulante Pflegedienste die Kostenträger zu Vergütungsverhandlungen aufgefordert.
Frage 4. Teilt die Landesregierung die Position der Liga, die eine Erhöhung der Stundensätze für ihre ambulanten Dienste auf 42 fordert?
Viele freigemeinnützige Pflegedienste haben seit der Einführung der Pflegeversicherung vor acht Jahren trotz der zwischenzeitlich geringen Inflation und der Tarifsteigerungen der letzten Jahre keine Vergütungsverhandlungen geführt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Träger davon ausgehen, dass die seit 1995 vereinbarte Pflegevergütung nach wie vor leistungsgerecht ist.
Eine sofortige Erhöhung der Pflegevergütung von derzeit durchschnittlich 27,12 für eine Stunde Grundpflege auf 42 würde eine Preissteigerung um ca. 55 v.H. bedeuten. Dies lässt sich weder mit der in den letzten Jahren stattgefundenen geringen Inflation noch mit den Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst, die in der Regel auch von den Einrichtungen in freigemeinnütziger Trägerschaft analog übernommen wurden, begründen.
Frage 5. Wie hoch ist das Budget der Pflegekassen insgesamt für die ambulante Pflege in Hessen?
Es existiert keine landesspezifische Statistik zu den Leistungsausgaben der landes- und bundesunmittelbaren Pflegekassen mit Sitz in Hessen. Bundesweit gaben die Pflegekassen im Jahr 2002 rund 8,3 Mrd. für ambulante Pflegeleistungen aus.
Frage 6. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele und welche ambulanten Pflegedienste kostendeckend arbeiten?
Inwiefern ambulante Pflegedienste in der Lage sind, kostendeckend zu arbeiten, entzieht sich mangels einer entsprechenden Statistik der Kenntnis der Landesregierung. Es muss davon ausgegangen werden, dass die zwischen den Kostenträgern und Leistungserbringern individuell vereinbarten Pflegevergütungen nach § 89 SGB XI leistungsgerecht und wirtschaftlich sind.
Der Landesregierung ist bekannt, dass aufgrund der am 16. Februar 2000 verabschiedeten Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Verordnung der häuslichen Krankenpflege sowie einer verstärkten Kontrolle der Verordnungen von Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch die Krankenkassen Pflegedienste einen Einnahmerückgang bei diesem Leistungssegment verzeichnen.
Sofern hierdurch die Kostendeckung eines einzelnen Pflegedienstes gefährdet sein sollte, ist es vorrangig Aufgabe des Trägers, seine Organisations- und Personalstruktur den veränderten leistungsrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Eine Erhöhung der Pflegevergütung nach SGB XI, wie zu Frage 4 dargestellt, ist mit den veränderten leistungsrechtlichen Rahmenbedingungen des SGB V sachlich nicht gerechtfertigt.