Der Rechnungshof übt nach Auffassung des Bezirksamtes in Fragen des Ordnungsrechts keine Fachaufsicht aus
Zu T 160: Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat den Rechnungshof darauf hingewiesen, dass dieser nach Artikel 95 VvB die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins zu prüfen hat, nicht jedoch die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns.
Der Rechnungshof übt nach Auffassung des Bezirksamtes in Fragen des Ordnungsrechts keine Fachaufsicht aus. Das Bezirksamt hat den Rechnungshof daher ausdrücklich aufgefordert, alle Passagen über eine angebliche Verletzung des Ordnungsrechts zu streichen, da anderenfalls eine Überschreitung des Prüfungsauftrags vorliegt.
Nach Art. 95 Abs. 3 Satz 1 VvB prüft der Rechnungshof die Rechnungen (Art. 94) sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins.
Die Tatbestandsmerkmale des 1. Halbsatzes liegen von vornherein nicht vor.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des 2. Halbsatzes geben dem Rechnungshof nicht das Recht, dass er in eine fachlichbezogene bauordnungsrechtliche Rechtsprüfung eines Vorgangs eintritt.
Die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit eines Verwaltungshandelns ist dem Rechnungshof nach der Verfassungsvorgabe danach allein in Bezug auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins erlaubt. Diese Behörde hat nicht zu überprüfen, welches Bauordnungsrecht ein Bau- und Wohnungsaufsichtsamt in einem konkreten Fall anzuwenden hat oder ggf. fälschlicherweise angewendet hat. Dies ist nicht von den Verfassungsvorgaben Berlins gedeckt.
Im Ergebnis wird ausdrücklich der vorgenannten Argumentation sowie der Darstellung des Rechnungshofs widersprochen.
Zusammenfassende Beanstandung und Erwartung 161 Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass das Bezirksamt vor Vertragsabschluss keine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit Aussagen zum Handlungsbedarf und zu den Kosten und Folgekosten durchgeführt hat. Die freihändige Vergabe der Baukonzession an die Stiftung war vergaberechtlich unzulässig. Seinen öffentlichrechtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Baumaßnahme und seinen Pflichten als Straßenbaulastträger zur Gewährleistung der Standsicherheit der im Straßenraum angeordneten baulichen Anlagen ist das Bezirksamt nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen. Schließlich hat das Bezirksamt unzulässig davon abgesehen, Sondernutzungsgebühren von bis zu 2,2 Mio. zu vereinnahmen.
Der Rechnungshof erwartet, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
· auch bei der Vorbereitung und Durchführung sonderfinanzierter öffentlicher Baumaßnahmen die haushalts-, vergabe- und baurechtlichen Bestimmungen beachtet und
· künftig Sondernutzungsgebühren ordnungsgemäß erhebt.
4. Schwerwiegende Versäumnisse bei Abschluss eines Mietvertrages für die Verkehrsregelungszentrale sowie vergaberechtswidriges Verhalten der Verkehrslenkung Berlin
Das Land Berlin wurde durch einseitige Klauseln in einem Mietvertrag mit Ausgaben von 2,2 Mio. belastet. Zudem hat die Verkehrslenkung Berlin in den Jahren 2005 und 2006 Leistungen mit einem Auftragsvolumen von über 1,3 Mio. nicht im Wettbewerb vergeben und dadurch wiederholt das Vergaberecht und das Wirtschaftlichkeitsprinzip verletzt.
Das Land Berlin hat zum 1. September 2004 die Verkehrslenkung Berlin (VLB) als nachgeordnete Sonderbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingerichtet. Ziel dieser Maßnahme ist, alle Stellen und Aktivitäten des Landes, die den fließenden Verkehr auf dem Berliner Hauptstraßennetz regeln, in einer zentralen Straßenverkehrsbehörde zu bündeln. Die VLB soll für Sicherheit auf den Berliner Hauptverkehrsstraßen sorgen, den Verkehr an und um Großbaustellen, bei Großveranstaltungen und Demonstrationen, aber auch bei Unfällen und anderen unvorhersehbaren Störun77 gen optimieren und die Öffentlichkeit hierüber informieren. Für den ruhenden Verkehr sowie für den Verkehr auf den Nebenstraßen und Plätzen sind die bei den Bezirken Berlins angesiedelten unteren Straßenverkehrsbehörden zuständig.
Der Rechnungshof hat im Jahr 2007 erstmalig die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung der VLB geprüft. Er hat insbesondere bei Verträgen untersucht, ob haushalts- und vergaberechtliche Grundsätze beachtet worden sind, und in seine Prüfung den vor der Schaffung der VLB erfolgten Standortwechsel der Verkehrsregelungszentrale (VKRZ) einbezogen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses im September 2000 berichtet, dass die im Jahr 1975 in Betrieb genommene VKRZ nicht mehr dem Stand der Technik entspreche; die Informations- und Kommunikationstechnik sei zu erneuern. Zudem sollte die VKRZ aufgrund von Kooperationserfordernissen mit der Verkehrsmanagementzentrale und der Landesmeldestelle für den Verkehrswarndienst räumlich zusammengeführt werden. Der Hauptausschuss hat das Schreiben im selben Monat zustimmend zur Kenntnis genommen. Die daraufhin durchgeführte Neuplanung hatte das Ziel, zukünftig den erhöhten Anforderungen an die Verkehrssituation in der Hauptstadt zu entsprechen. Für den Standortwechsel der VKRZ mietete die Verwaltung im Jahr 2001 Flächen im Gebäude des Flughafens Tempelhof an. Die vorgesehenen Räume standen seit dem Jahr 1993 leer und galten „als schwer vermietbar, da erhebliche Aufwendungen zur Herstellung der Vermietbarkeit erforderlich waren". Das Land Berlin leistete auf der Grundlage des Mietvertrages vom 8. März 2001 im Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2004 Mietzahlungen von 101 000 (ohne Betriebskosten) an die damalige Berliner FlughafenGesellschaft mbH (BFG), obwohl die vorgesehene Nutzung durch die VKRZ in dieser Zeit noch nicht möglich war. Erst Ende 2004 konnte die VKRZ ihre Tätigkeit in den neuen Räumen in Tempelhof aufnehmen.
Im Mietvertrag ist festgelegt, dass das Land Berlin als Mieter die gesamte Instandhaltung, Instandsetzung sowie Erneuerung des Mietgegenstandes im Inneren auf eigene Kosten durchführt. Die Ausgaben hierfür werden verteilt über zehn Jahre mit der monatlichen Miete unverzinst verrechnet, allerdings begrenzt auf 511 000 zuzüglich Umsatzsteuer.
Soweit die Ausgaben unter 511 000 bleiben, kann der Vermieter nachträglich eine höhere Miete verlangen.
Die Ausgaben für Erhalt und Erneuerung der Mietsache betrugen 2,6 Mio., von denen nach dem Mietvertrag 2,1 Mio. von Berlin zu tragen waren.
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass das Land Berlin bereits Mietzahlungen von 101 000 geleistet hat, obwohl die von der BFG angemieteten Räume nicht von der VKRZ genutzt werden konnten. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass die vertragliche Regelung über die Aufwendungen Berlins zur Herstellung der Vermietbarkeit der Räume der BFG sowohl wegen der betraglichen Begrenzung als auch wegen der nicht vorgesehenen Verzinsung das Land Berlin unangemessen benachteiligen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat zunächst erwidert, dass sie nicht Stellung nehmen könne, da der Mietvertrag zur Unterbringung der VKRZ im Flughafengebäude Tempelhof zwischen der BFG und dem Polizeipräsidenten verhandelt und geschlossen worden sei, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die VKRZ damals befunden habe. Erst mit Gründung der VLB im Herbst 2004 sei die Zuständigkeit für die VKRZ auf sie übergegangen. Sie hat nach Abstimmung mit der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung in einer weiteren Stellungnahme entgegnet, dass eine Mietzahlung vor Beginn der vorgesehenen Nutzung der Räume üblich sei, wenn der Mieter selbst noch Ein- und Umbauten vorzunehmen beabsichtigt, die nicht in die Zuständigkeit des Vermieters fallen. Zudem sei die für die Herrichtung des Gebäudes benötigte Zeit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar gewesen, da erst im Rahmen der durchgeführten Arbeiten zuvor nicht bekannte Mängel festgestellt worden seien. Die Senatsverwaltung räumt ein, dass Berlin sich abweichend von der gesetzlichen Regelung (§ 535 BGB) vertraglich verpflichtet habe, die vermieterseitig bestehende Herrichtungsverpflichtung gegen eine Mietkompensation vollständig zu übernehmen, und führt hierzu aus, eine angemessene Verringerung der Miete sei dem Grunde nach nicht zu beanstanden.
Die Ausführungen der Senatsverwaltung widerlegen die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht. Das Land hat aufgrund des von der Verwaltung geschlossenen Mietvertrages insgesamt mehr als drei Jahre für Räume an die BFG gezahlt, die nicht für den vorgesehenen Zweck nutzbar waren. Eine wesentliche Ursache für diesen langen Zeitraum waren vorhersehbare Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten am Mietgegenstand, die üblicherweise in die Vermietersphäre fallen. Es bleibt auch weiterhin unverständlich, warum die Verwaltung Ausgaben zur Herstellung der Vermietbarkeit der Räume der BFG zulasten des Landes übernommen hat, zumal ihr der genaue Umfang der durchzuführenden Sanierungsarbeiten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt war. Nachteile für das Land Berlin ergaben sich nicht nur aus der fehlenden Verzinsung der Vorfinanzierung der Instandsetzungsaufwendungen. Unausgewogen zum Nachteil des Landes ist insbesondere auch die Vereinbarung, nach der höhere Ausgaben für die bauliche Erneuerung der Mietsache von Berlin zu tragen waren, während geringere Ausgaben eine Mieterhöhung zulasten des Landes ausgelöst hätten. Die Auffassung der Senatsverwaltung, die Kompensation der übernommenen Sanierungspflichten durch eine begrenzte Verringerung des Mietzinses sei angemessen, überzeugt schon in Anbetracht der nach dem Mietvertrag beim Land Berlin verbliebenen Ausgaben von 2,1 Mio. nicht.
Zu T 162 bis 167: Im Jahre 1999 wurde festgestellt, dass die bis dahin in der Friesenstraße untergebrachte Verkehrsregelungszentrale (VKRZ) erneuerungsbedürftig ist. Es wurden alternative Unterbringungsmöglichkeiten geprüft und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für einen Neu- oder Umbau bzw. die Anmietung anderer Flächen erstellt. Dazu wurde durch ein externes Planungsbüro unter Einbezug der Frage der Kapitalverzinsung eine Barwertbetrachtung erstellt.
Die Wahl fiel wegen der räumlichen Nähe zum Polizeipräsidium, in dessen Zuständigkeit sich die VKRZ seinerzeit befand, auf den Standort Tempelhof. Außerdem bestand hier mit geringem technischen Aufwand die Möglichkeit des erforderlichen Anschlusses an die Lichtwellenleitersysteme der Stadt.
Die Verhandlungen zum Mietvertrag gestalteten sich schwierig, weil seitens der Vermieterin, die Berliner Flughafengesellschaft mbH, die sich zu 63 % im Eigentum des Bundes befand auf Forderungen des Bundes Rücksicht genommen werden musste.
Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses ist vor Abschluss des Mietvertrages über das Vorhaben mit den verschiedenen Varianten ebenso wie über die mit dem Bund ausgehandelten Mietkonditionen unterrichtet worden und hat hiervon zustimmend Kenntnis genommen. Der Vorgang war zudem dem Unterausschuss Vermögen und Beteiligungen zugeleitet worden.
Die für die Herrichtung des Gebäudes benötigte Zeit war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar. Im Rahmen der durchgeführten Arbeiten wurden zuvor nicht bekannte Mängel festgestellt, die u. a. eine umfangreiche Asbestsanierung zur Folge hatte. Dies führte zu einer nicht vorhersehbaren Verzögerung bei der Nutzbarmachung der Fläche.
Bei der Anmietung von Gewerberäumen als auch im Bereich der privaten Wohnungsvermietung ist eine Mietzahlung allgemein und insbesondere auch dann üblich, wenn der Mieter und künftige Nutzer selbst noch umfangreiche Ein- und Umbauten vorzunehmen beabsichtigt, die nicht in die originäre Zuständigkeit des Vermieters fallen. Der Vermieter bezieht den Mietzins insoweit schon für die Überlassung der Mietsache und den dadurch ermöglichten Gebrauch. Dies ist sachgerecht, denn er kann den Beginn der tatsächlichen Nutzung nicht beeinflussen.
Ebenso ist es unter Aspekten wirtschaftlichen Handelns in Fällen, in denen neben der dem Vermieter obliegenden Herstellung eines vermietbaren Zustands umfangreiche nutzerbedingte Veränderungen des Mietobjekts erforderlich sind, sinnvoll, die Mietsache nicht erst durch den Vermieter aufwändig herrichten zu lassen, um das Mietobjekt danach wieder zur Baustelle werden zu lassen. Eine Kompensation über eine angemessene Verringerung des Mietzinses ist daher nicht zu beanstanden.
Mit Vertrag vom 23. Dezember 2005 hat die VLB freihändig die A Betreibergesellschaft mbH mit der Errichtung eines sog. Front-Office für eine bessere Koordinierung von Baumaßnahmen im Berliner Straßennetz beauftragt. Die Laufzeit des Vertrages betrug vier Monate; er wurde mehrfach bis zum 30. September 2007 verlängert. Zu den vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen gehörten u. a. · die Sicherstellung der telefonischen Erreichbarkeit des Arbeitsgebietes Baustellenkoordinierung,
· die Entgegennahme von Anträgen,
· deren Erstversorgung im Baustellenkoordinierungssystem sowie
· die Aktualisierung der Beginn- und Endzeiten im Baustellenkoordinierungssystem.
Das Auftragsvolumen betrug insgesamt 530 000.
Der Rechnungshof hat der Senatsverwaltung vorgehalten, dass es in diesem Fall nicht erforderlich war, externen Sachverstand in Anspruch zu nehmen. Bei den freihändig vergebenen Leistungen handelt es sich um Büro- und Verwaltungsarbeiten, die zu den originären Aufgaben der VLB gehören. Die Verwaltung hat auch nicht nachvollziehbar begründet, warum sie mit den eigenen personellen Ressourcen diese Arbeiten nicht bewältigen konnte. Die VLB hätte für das Auftragsvolumen eine europaweite Ausschreibung durchführen müssen (vgl. § 2 Nr. 3 Vergabeverordnung).