Beim Bürgertelefon handelt es sich nicht um eine Notrufeinrichtung
Nach dieser Vorschrift können die Polizei und die Ordnungsbehörden Anrufe über Notrufeinrichtungen auf Tonträger aufzeichnen. Eine Aufzeichnung von Anrufen im Übrigen ist nur zulässig, soweit die Aufzeichnung im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist. Die Aufzeichnungen sind spätestens nach drei Monaten zu löschen, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt oder die Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass die anrufenden Personen Straftaten begehen werden und die Aufbewahrung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung ist.
Beim Bürgertelefon handelt es sich nicht um eine Notrufeinrichtung. Der Polizeipräsident hat dies in seiner Stellungnahme eingeräumt. Ferner handelte es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um einen grundlegenden Systemfehler, der nunmehr beseitigt ist.
FAZIT
Bei der Einführung von neuer Technik ist eine umfassende Qualitätsprüfung erforderlich.
Videoüberwachung von Demonstrationen AUS DER PRAXIS
Eine Bürgerin hat uns vorgetragen, in einem Gerichtsverfahren gegen sie sei bekannt geworden, dass ein verdeckt ermittelnder Beamter des Landeskriminalamts sie mit einer Digitalkamera bei einer Demonstration in Dresden gefilmt habe. Dabei soll er insbesondere die Teilnahme der Petentin dokumentiert haben. Bei dieser Demonstration sollen sich weitere verdeckt ermittelnde Beamte des Landeskriminalamts aufgehalten und ohne Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit digitale Filmaufnahmen von einzelnen Demonstrierenden angefertigt haben.
Videoaufnahmen bei Demonstrationen sind seit 1989 durch Einfügung des § 12a in das Versammlungsgesetz (VersG) ausdrücklich gesetzlich geregelt. Nach dieser Vorschrift ist die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von Teilnehmern der Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Friedliche Versammlungsteilnehmer dürfen nicht gefilmt werden, es sei denn, sie werden als „ Sie haben die Bildaufnahmen bei bzw. am Rande der Demonstration offen also nicht mit einer versteckten Digitalkamera
angefertigt. Die Beamten trugen Zivilkleidung.
Eine Beschränkung auf eine ausschließlich offene Datenerhebung lässt sich § 12a VersG nicht entnehmen. Soweit der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit als Argument für eine solche Beschränkung anführt, § 12a VersG sehe im Vergleich zu strafprozessualen Eingriffsbefugnissen weder eine besonders hohe Eingriffsschwelle noch eine besondere Kontrolle vor, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Mit dem Kriterium der „erheblichen" Gefahr lässt § 12a VersG Videoaufnahmen nur unter strengen Voraussetzungen zu. Erforderlich ist eine Gefahr für bedeutsame Rechtsgüter wie den Bestand des Staates, Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder bedeutende Vermögenswerte. Die korrespondierende Befugnisnorm des § 100h der Strafprozessordnung (StPO) erlaubt verdeckte Bildaufnahmen außerhalb von Wohnungen bereits bei jedem Verdacht einer Straftat und sieht weder besondere Tatbestandsvoraussetzungen noch einen Richtervorbehalt vor (dies berücksichtigt den Umstand, dass man in der Öffentlichkeit ohnehin nicht vor der Beobachtung durch andere geschützt ist). Die Vorschrift regelt lediglich Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen, aber keine Voraussetzungen für die Zulässigkeit verdeckter Videoaufnahmen.
Staatliches Handeln bei der Grundrechtsausübung hat grundsätzlich transparent zu erfolgen. Verdeckte Bildaufnahmen bei Versammlungen dürfen jedenfalls nur die Ausnahme sein. Heimliche bzw. verdeckte Maßnahmen der Datenerhebung stellen einen tiefer gehenden Grundrechtseingriff dar als offen erfolgende Maßnahmen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass sich Betroffene schlechter vor derartigen Eingriffen schützen und erst im Falle einer späteren Benachrichtigung Rechtsschutz erlangen können, da sie von der Maßnahme keine Kenntnis haben. Vor diesem Hintergrund bedürfen heimliche Maßnahmen der Datenerhebung einer besonderen Rechtfertigung und Kontrolle, weshalb beispielsweise derartige strafprozessuale Eingriffsbefugnisse regelmäßig einen Richtervorbehalt vorsehen. Das Versammlungsgesetz56 sieht indes weder eine besonders hohe Eingriffsschwelle noch eine besondere Kontrolle bei der Inanspruchnahme dieser Befugnisse vor. Das spricht dafür, dass nur eine offene
Auch der Rechtsprechung lässt sich ein Verbot verdeckter Aufnahmen nicht entnehmen. In seinem Brokdorf-Beschluss aus dem Jahr 1985 hat das Bundesverfassungsgericht „exzessive Observationen" für unvereinbar mit dem grundsätzlich staatsfreien, unreglementierten Charakter von Versammlungen gehalten. Im Umkehrschluss kann man daraus folgern, dass verdeckte Datenerhebungen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen. Das im Bericht erwähnte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist nicht einschlägig: Zum einen ging es dort um das Anwesenheitsrecht von Polizeibeamten bei einer Versammlung im geschlossenen Raum, bei der anders als bei einer Versammlung unter freiem Himmel - eine Einschränkung durch oder auf Grund eines Gesetzes nicht vorgesehen ist. Eine von Polizeibeamten gefertigte Tonaufnahme hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt, weil im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte einer drohenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ersichtlich waren.
Der Senat ist mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit der Auffassung, dass staatliches Handeln bei der Grundrechtsausübung grundsätzlich offen und transparent zu erfolgen hat.
Videoaufnahmen, die nicht von vornherein als polizeiliche Maßnahme erkennbar sind, müssen daher die Ausnahme bleiben. In Einzelfällen können von Polizeibeamten in Zivil angefertigte Videoaufnahmen aber unverzichtbar sein, um Planungen für gewalttätige Ausschreitungen frühzeitig aufzudecken und Straftäter beweissicher festzunehmen.
Voraussetzung ist stets, dass der polizeiliche Zweck 55 § 12 a Abs. 1 § 12 Abs. Deshalb gehen wir davon aus, dass das Versammlungsgesetz nur eine offene Datenerhebung zulässt. durch eine ausdrücklich als polizeilich gekennzeichnete Aufnahme nicht oder nicht ebenso Erfolg versprechend erreicht werden kann. Ein bewusstes Verschleiern polizeilicher Beobachtungsund Dokumentationsmaßen, z. B. durch Verwendung einer versteckten Kamera oder durch eine Tarnung als Fernsehteam, hat zu unterbleiben.
Verdeckt ist eine Maßnahme, wenn sie nicht als polizeiliche erkennbar ist. Dementsprechend müssen offene Eingriffe als polizeiliche Maßnahmen zu erkennen sein. Angesichts dessen erfolgt eine Bildaufnahme nach dem Versammlungsgesetz nicht nur dann verdeckt, wenn sie mit einer versteckten Kamera durchgeführt wird; es reicht vielmehr bereits aus, wenn die filmenden Polizeibediensteten nicht als solche zu erkennen sind, weil sie beispielsweise in Zivil agieren. Offen ist eine Maßnahme nach dem Versammlungsgesetz demnach nur, wenn ein als solcher erkennbarer Polizeibediensteter erkennbar filmt. In diesem Sinne hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden57.
Übersichtsaufnahmen des Versammlungsgeschehens sind für die verhältnismäßige polizeiliche Bewältigung insbesondere großer Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel unverzichtbar.
Während der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 12a VersG noch davon ausging, dass solche Aufnahmen nicht in Grundrechte eingriffen und deshalb auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage zulässig seien, unterscheidet das Bundesverfassungsgericht in seiner neuesten Rechtsprechung zwischen Übersichtsaufnahmen, bei denen die Bilder lediglich an eine andere Stelle übertragen und nicht gespeichert werden, und Übersichtsaufzeichnungen. Letztere bedürfen stets einer gesetzlichen Grundlage, weil nach dem heutigen Stand der Technik Einzelpersonen durch Vergrößerung auch nachträglich erkennbar gemacht werden können und somit individualisiert mit erfasst sind. Das Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung auf diese Weise festgehalten werden kann und die so gewonnenen Daten über die konkrete Versammlung hinaus verfügbar bleiben, könne eine einschüchternde Wirkung haben und Bürger von der Ausübung ihres Grundrechts auf Versammlungsfreiheit abhalten. Als problematisch erweist sich insoweit auch das Filmen aus Häusern heraus, aber auch das Filmen innerhalb von Versammlungen, da die Teilnehmer dort eine solche Maßnahme eher nicht erwarten werden.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem BrokdorfBeschluss58 die Bedeutung der Deeskalation betont
Die Berliner Polizei hat auf diese Rechtsprechung reagiert und Ende 2009 über ein Rundschreiben sichergestellt, dass Videoaufnahmen mit personenhat und die Polizei grundsätzlich auf Distanz zu Versammlungen bleiben sollte, um deren unreglementierten, staatsfreien Charakter nicht zu gefährden.