Gesamtnichtigkeit
Die Kläger gewährte den Eheleuten ein zinsloses Darlehen von 2000 DM sowie kurze Zeit darauf dem Ehemann der Beklagten ein weiteres Darlehen in derselben Höhe. Im Juni 1978 trennten sich die Beklagten, die zwischenzeitlich auch geschieden ist, und ihr damaliger Ehemann. Die Beklagten betrieb die Gaststätte zunächst zusammen mit ihrem Vater weiter. Im Juni 1979 verkaufte sie das Gaststättengrundstück. Die Käufer haben die Pflichten aus dem Automaten-Aufstellvertrag nicht übernommen. Die Kläger macht mit der Klage Schadensersatzansprüche geltend.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger blieb erfolglos.
Aus den Gründen: Das Berufsgericht ist der Auffassung, zahlreiche Einzelbestimmungen des Automaten-Aufstellvertrages seien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, weil sie zum Teil die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Gastwirts in einer mit Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbarenden Weise einschränkten, zum Teil auch unbillige Belastungen des Wirts enthielten; einige Klauseln seien darüber hinaus auch unsystematisch und unübersichtlich in das Vertragswerk eingeordnet. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, weil angesichts der Fülle unwirksamer Einzelregelungen eine Anpassung an einen angemessenen Inhalt den Charakter des Vertrages ändern und den Parteien eine völlig neue abweichende Vertragsgestaltung aufdrängen würde.
Die Ausführungen des Berufsgerichts halten im Ergebnis den Revisionsangriffen stand.
Die umstrittenen Regelungen des Automaten-Aufstellvertrages sind in dieser Branche typische, nicht aus den individuellen Verhältnissen des Einzelfalles erwachsene und daher in der Revisionsinstanz frei nachprüfbare Bestimmungen.
Der hier streitige Vertrag ist vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes abgeschlossen. Ob gegen die Regelung des § 28 II i. V. mit § 9 AGB- Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken bestehen und ob die Vorschrift auf Automaten-Aufstellverträge überhaupt anwendbar ist, kann dahinstehen. Denn der von der Kläger verwendete Formularvertrag hält schon einer Inhaltskontrolle nach den von der ständigen Rechtsprechung des BGH entwickelten und an § 242 BGB orientierten Grundsätzen nicht stand. Danach muss derjenige, der einseitig die Bedingungen eines Formularvertrages aufstellt, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben schon bei Abfassen derartiger Bedingungen die Interessen seiner künftigen Vertragspartner angemessen berücksichtigen. Versucht er, in missbräuchlicher Verfolgung eigener Interessen formularmäßige Bedingungen zum Vertragsinhalt zu machen, die der Billigkeit widersprechen und den Vertragspartner in seiner Handlungsfreiheit über Gebühr einengen, so können diese Bedingungen gemäß § 138 BGB der Rechtswirksamkeit entbehren, wenn sie nicht durch eine an § 242 BGB orientierte Auslegung auf ein vertretbares Maß zurückgeführt werden können. Verstoßen in einem Vertrag zahlreiche Bestimmungen gegen die guten Sitten und würde der Vertrag durch entsprechende Auslegung oder Fortfall dieser Bedingungen einen wesentlich anderen Inhalt erhalten, so kann der gesamte Vertrag nichtig sein. Bei der Abwägung ist das Leitbild des Automaten-Aufstellvertrages als eines Gestattungsvertrages, der neben mietvertraglichen Elementen auch personenbezogene Merkmale aufweist, zugrunde zu legen und die unterschiedliche Risikobeteiligung des Aufstellers, für den der Abschluss derartiger Verträge der eigentliche Inhalt seiner unternehmerischen Tätigkeit ist, gegenüber derjenigen des Wirts zu berücksichtigen, für den sich die Automatenaufstellung nur als Nebenerwerbschance darstellt. Zu beachten ist auch die Pflicht des Automaten-Aufstellers, der sich, wie die Kläger, eines Formularvertrages bedient, schon bei der Vertragsgestaltung die Interessen des Gastwirts angemessen zu berücksichtigen. Das Berufsgericht hat diese Grundsätze beachtet und auch nicht verkannt, dass der Formularvertrag vom 9. 3. 1977 Bestimmungen enthält, die denen vergleichbar sind, welche der erkennende Senat in dem seiner Entscheidung BGHZ 51, 55 = LM § 138 [Bc] BGB Nr. 6 = NJW 1969, 230 = WM 1969, 20, zugrunde liegenden Fall beanstandet hat. Zwar waren in jenem Fall die Bedingungen, die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Gastwirts einschränkten, noch einschneidender. Dem steht jedoch gegenüber, dass der hier umstrittene Vertrag eine Reihe von Bestimmungen aufweist, die den Vertragspartner in sonst unangemessener Weise belasten.
Der von der Kläger verwendete Automaten-Aufstellvertrag weist mehrere Bedingungen auf, die für sich betrachtet zwar noch nicht schlechthin unbillig sein mögen, die aber in ihrer Gesamtheit die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Wirts in unvertretbarem Maße einengen.
Die Nachfolgerklausel in Nr. 5f S. 1 des Vertrages, wonach sich der Gastwirt von seinen Verpflichtungen aus dem Vertrage bei Aufgabe der Gaststätte nur lösen kann, wenn er den neuen Inhaber zum schriftlichen Eintritt in den Vertrag verpflichtet oder den Aufstellvertrag in einer neu gepachteten Gaststätte unter gleichen Bedingungen fortsetzt, hat der Senat unter bestimmten Voraussetzungen unbeanstandet gelassen. Gleichwohl ist nicht zu übersehen, dass diese Klausel die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Gastwirts erheblich einengt. Bei einem Verkauf oder einer Verpachtung wird der Kreis möglicher Bewerber, denen die Pflichten aus dem Aufstellvertrag weitergegeben werden müssen, oft deshalb eingeschränkt sein, weil sie ihrerseits noch Verpflichtungen aus früheren Aufstellverträgen haben, den Abschluss neuer Verträge als Mittel zur Kreditbeschaffung nutzen möchten oder auch einfach durch Abschaffung oder Ersetzung der Automaten Einfluß auf den Charakter der Wirtschaft nehmen wollen. Dennoch erlaubt eine Berücksichtigung der Interessen auch des Aufstellers die Vereinbarung einer derartigen Klausel, wenn nur der Wirt jedenfalls für den Fall entpflichtet wird, dass er die Gastwirtschaft infolge außergewöhnlicher und nicht in seinen Risikobereich fallender Umstände aufgibt. Dieser Grundsatz, den der Senat mehrfach für den Fall ausgesprochen hat, dass der Gastwirt Pächter der Wirtschaft ist, muss auch dann gelten, wenn es sich um den Eigentümer des Gastwirtschaftsgrundstücks handelt. Zwar ist - anders als der Eigentümer - der Gastwirt als Pächter nach Aufgabe der Gaststätte in aller Regel nicht in der Lage, darauf Einfluss zu nehmen, dass und mit wem die Gaststätte fortgeführt wird. Doch auch der Eigentümer des Gastwirtschaftsgrundstücks kann aus Gründen außerhalb seines Risikobereichs gezwungen sein, die Gaststätte aufzugeben, und sich unverschuldet außerstande sehen, einen Nachfolger zu finden, der die Pflichten aus dem Aufstellvertrag zu übernehmen bereit ist. Dieser denkbaren Situation trägt die Bestimmung der Nr. 5f Satz 2 des Vertrages vom 9. 3. 1977, die eine Bindung des Wirts auch für den Fall vorsieht, dass die Aufgabe der Gaststätte durch ihn nicht verschuldet ist, nicht Rechnung. Die Klausel ist mithin unwirksam; Satz 1 der Nr. 5f des Vertrages bedürfte, um Bestand zu haben, einer einschränkenden Auslegung im Sinne der dargestellten Senatsrechtsprechung.
Auch die Erweiterungsklausel in Nr. 5h des Vertrages ist als nicht mehr angemessener Eingriff in die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Gastwirts zu beanstanden. Der Senat hatte bereits mehrfach Veranlassung, Bedenken gegen eine derartige Erweiterungsklausel zu erheben. Auch im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass diese Klausel zumindest dann unwirksam ist, wenn sie mit weiteren unbilligen Beschränkungen zusammentrifft. Die Klausel verschließt dem Wirt den Erwerb oder die Pachtung aller derjenigen Gaststätten, deren Inhaber Automaten aufgestellt haben und ihrerseits durch Verträge mit Nachfolgerklauseln gebunden sind. Außerdem zwingt sie den Wirt, selbst dort Automaten aufzustellen, wo es wegen des Charakters der Gaststätte gastronomischer Erfahrung zuwiderliefe. Für die von der Revision vorgeschlagene Auslegung der Klausel dahingehend, dass sie dem Wirt nicht die Übernahme einer Gaststätte mit einer bereits vorhandenen Bindung an einen Aufstellvertrag verbiete, gibt der Wortlaut der Klausel keinen Anhaltspunkt.